Lokschuppen Pankow

von Gastautorin Sarah Mayr

Kaum etwas in Berlin ist so beständig wie der Wandel. Die stetige Veränderung ist der Motor der Stadt. All die Abrissbirnen und Baukräne, die Baustellen, Alt- und Neubauten, die schließenden Clubs und öffnenden Cafés, die Menschen die vor der Hektik der Stadt fliehen oder sich in ihre Lebendigkeit verlieben und bleiben – sie alle zeichnen das Bild einer Metropole, die niemals still zu stehen scheint.

Umso spannender sind also jene Flecken in Berlin, an denen die Zeit zumindest für einen Moment inne hält. Es sind die verlassenen Orte abseits der Mitte. Jene, die mal mehr, mal weniger leicht zugänglich sind und deren Besuch immer auch mit dem Reiz des Verbotenen verbunden ist. Zu jenen Orten zählt auch der alte Lokschuppen in Pankow.

Von der S-Bahn‐Station Pankow‐Heinersdorf aus gut zu sehen, reiht sich das 1893 erbaute Rundhaus nicht unbedingt in die Liste der schönsten Orte Berlins ein. Das Dach mit seinen zahlreichen Löchern wird diesem Namen kaum mehr gerecht. Auf dem Boden verteilt liegen Scherben, abgesplittertes Holz und Dreck. Und die aus dem Boden heraus stehenden Nägel und offenen Gruben, die wohl für Instandhaltungsarbeiten am Fahrwerk der Züge genutzt wurden, machen einen Ausflug an diesen verlassenen Ort nicht gerade zu einem ungefährlichen Unterfangen.

Der Zeuge einer Industrie früherer Zeit verfällt seit der Stilllegung Ende der 1990er Jahre zusehends. Von den einst sternförmig verlaufenden Abstellgleisen ist kaum noch etwas zu sehen und nur mit einiger Fantasie lässt sich die Drehscheibe in der Mitte des Gebäudes noch erahnen. Dabei zählt der Rundbau in Deutschland zu den letzten seiner Art. Neben der Ruine in Rummelsburg ist er der einzige und auch größte Rundlokschuppen, den es in der BRD derzeit noch gibt. Ein Rettungsversuch wurde bislang noch nicht unternommen. Daher zieren nicht nur Verfall und Zerstörung die Fassaden und Wände des Baus, sondern auch teilweise kunstvolle Graffitis.

Vielleicht also der ideale Ort für eine Party in Berlin? 1998 bewies der Lokschuppen, dass er auch zur Partylocation taugen würde, als die Fantastischen Vier bei einem Design-Wettbewerb der Deutschen Bahn auftraten. Ob der Rundlokschuppen aber tatsächlich in eine solche umfunktioniert, der Käufer des Grundstücks einen neuen Kiez auf dem Gelände an der S‐Bahn‐Station Pankow-Heinersdorf errichten oder das Bauwerk weiterhin ein kleiner Fels in der Brandung der Zeit bleiben wird, kann ich selbst nicht sagen. Wohl aber, dass ein Besuch des Geländes in jedem Fall lohnenswert ist.

Bikinihaus

… und das nun schon seit über einem Jahr! Fündig wird der kundige Berliner dabei im Bezirk Charlottenburg, genauer gesagt an der Budapester Straße 38 – 50. Dort steht, eingerahmt von Zoo und Gedächtniskirche, das nicht minder geschichtsträchtige Bikini Berlin. Im Jahr 1957 als Teil des Zentrums am Zoo errichtet, hat das Bikinihaus seinen Namen bis heute behalten. Er hat sich mit einer solchen Selbstverständlichkeit in den Berliner Wortlaut eingebürgert wie das Rote Rathaus, die Schwangere Auster oder die Hungerharke.

Für den 50er-Jahre‐Spitznamen verantwortlich gemacht werden kann das sogenannte „Luftgeschoss“ – ein mit Berliner Luft gefüllter Gebäudepart, der den Bau in einen unteren und einen oberen Bereich teilte und im zweiten Stock den Blick auf den dahinter liegenden Zoo freigab. Die Bikini-Form des mittlerweile renovierten Gebäudes ist leider wieder verschwunden. Geblieben ist jedoch seine Attraktivität. Zum Beispiel in Form der riesigen (7000 m²!), frei zugänglichen Dachterrasse mit Blick auf die Gehege des Zoos. Oder in Gestalt des riesigen Panoramafensters im Erdgeschoss, das den Blick auf den Affenfelsen freigibt und Menschen wie Pavianen beste Unterhaltung bietet.

Das Bikini Berlin ist in erster Linie ein großes Einkaufsparadies. Fernab der gängigen Labels finden sich über drei Stockwerke verteilt Gastronomie, sowie verschiedene Mode- und Einrichtungsgeschäfte, die zum Schlendern und Staunen einladen. Einen Einkauf selbst kann sich in den teilweise hochpreisigen Läden allerdings nur zahlungskräftige Kundschaft leisten. Das ist der Preis für die Individualität des Bikini Berlin, den Wunsch danach, keine Läden gängiger Shoppingcenter zu beherbergen. Dennoch lohnt sich eine kleine Safari durch die Concept Mall. Denn bei einem Spaziergang vorbei an den grünen Streben und durch die hölzernen Boxen im Erdgeschoss kann doch so mancher Schatz gefunden werden. Boxen? Ja, richtig gelesen: In einem Teil des Einkaufszentrums, der ein wenig an eine große Markthalle erinnert, finden sich mehrere „Bikini Berlin Boxes“. Das sind kleine Ladenflächen in Form überdimensionaler Holzkisten, die von Händlern und Designern für mehrere Monate gemietet werden können. Die stetig wechselnden Mieter lassen eine Art Marktgefühl aufkommen – immer wieder gibt es Neues zu entdecken!

An die Concept Mall angeschlossen ist auch das 25hours Design-Hotel, ein Hochhaus, das mit zwei Besonderheiten aufwartet: Dem Restaurant Neni und der Monkey Bar im 10. und krönenden Stockwerk des Gebäudes. Das Neni, das sich nicht so recht einer kulinarischen Stilrichtung oder Ländergruppe zuordnen möchte, bietet eine bunte Mischung aus Fisch, Fleisch, Salaten und Humus zu für Berliner Verhältnissen gehobenen Preisen. Getreu dem Motto des Hotels, „Urban Jungle“, verheißt die Monkey Bar nicht nur einen Blick auf die Affengehege des Zoologischen Gartens, sondern auch auf den Großstadt-Dschungel vor seiner Dachterrasse. Im Sommer lässt es sich hier wunderbar bei einer Gin Tonic Variation oder leckeren Kleinigkeiten wie Humus oder Sandwiches die Aussicht genießen.

Sehr zu empfehlen sind übrigens die Süßkartoffel-Pommes mit Sweet Chili Chutney zum Sonnenuntergang! Auch für Wintergäste hat die Monkey Bar etwas zu bieten: Die bodentiefe Glasfront sorgt auch in den kalten Monaten für einen atemberaubenden Blick und die Kaminecke spendet wohlige Wärme, so dass tatsächlich auch bei Minusgraden ein bisschen Urwaldgefühl aufkommt. Auch wenn sich Neni und Monkey Bar allmählich zum Hot Spot der Gegend um den Bahnhof Zoo entwickeln und dementsprechend gut besucht sind, ist ein Besuch definitiv lohnenswert!

Eure Sarah