The Room

Ihr habt sicherlich schon davon gehört. Oder in der Zeitung davon gelesen. Bei Reparaturarbeiten unterhalb der Humboldt-Universität in Berlin Mitte wurde von Bauarbeitern ein Zugang zu einem bis zu diesem Zeitpunkt unbekannten Objekt freigelegt. Unwissend, was auf sie zukommt, sind die Männer durch den schmalen Schlitz in der Wand vorgedrungen – und bis heute nicht zurück gekehrt. Daraufhin hat die Stadt den Zugang sperren lassen und bittet nun euch, ein Team erfahrener Archäologen, das Geheimnis des unterirdischen Ortes zu lüften.

Das Spielprinzip ist einfach: Ein Team. Ein Raum. Eine Stunde.

So weit die Erklärung des Spielleiters, der uns im gepflegten Warteraum von The Room in einem renovierten Fabrikgebäude in der Lichtenberger Ruschestraße 64-66 in die Geschichte des Raumes einweiht, den wir in Kürze betreten werden. Wir sind zu fünft angetreten – die maximale Zahl an Abenteurern für diesen Raum – und schon mehr als gespannt, was uns an diesem Samstagabend für stolze 99 Euro erwartet. Einige von uns haben schon zuvor eines der Live Escape Games gespielt, die deutschlandweit mittlerweile zahlreich aus dem Boden sprießen. Andere, so wie ich, sind noch gänzlich unerfahren. Dabei ist das Spielprinzip denkbar einfach und schnell erklärt: Ein Team von etwa 2-5 Spielern wird in einen Raum voller geheimnisvoller Gegenstände und kniffliger Rätsel gesperrt, mit dem Ziel, innerhalb von 60 Minuten wieder zu entkommen. Die ganze Zeit über steht dieses Team unter Beobachtung des Spielleiters, der mit Hilfe eines Bildschirms Tipps in den Raum liefern kann, wenn die Gruppe an einer Stelle überhaupt nicht mehr weiter kommt. Ansonsten ist das Team auf sich allein gestellt. Für die Klaustrophobiker unter euch: Das Entkommen aus dem Raum ist jederzeit durch einen Not-Buzzer möglich.

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Rätsel lösen wie Indiana Jones

Ausgerüstet mit einem Koffer in dem sich zwei Walkie-Talkies und einige Bilder und Kärtchen befinden, die uns als Hinweise dienen könnten, begeben wir uns an den Ort des Geschehens. Der Spielleiter deutet auf einen dünnen Spalt in der Betonmauer, in den wir uns nacheinander hineinzwängen. Hinein in die völlige Dunkelheit, durch ein kleines Labyrinth aus Mauerwerk. Die Nackenhaare stellen sich mir auf, als ich mich bei dem Gedanken ertappe, hier stecken zu bleiben. Aber hinter der nächsten Biegung leuchtet uns schon ein schwacher Lichtschimmer entgegen. Noch einige wenige Schritte – und es ist geschafft.

Nach und nach finden wir uns in der schummrigen Kammer ein. In dieser fremden Welt, in die wir für die nächste Stunde eintauchen wollen. Aus den unsichtbaren Lautsprechern hallt ein leises Tropfen. Die holzvertäfelten Wände, die teilweise mit Büchern, teilweise mit antik wirkenden Gerätschaften und ausgestopften Tieren gefüllt sind, bilden den Rahmen um einen kantigen Tisch in der Mitte, der mit seltsamen Symbolen gespickt ist. Eine vergilbte Landkarte ziert eine der Wände, in einer weiteren Nische finden wir edle Steine und gläserne Kugeln. Als wir alle den Raum betreten haben, fängt die Uhr auf dem Bildschirm an der Wand an die Zeit nach unten zu zählen. 60 Minuten von jetzt an.

Wir teilen uns auf, erkunden den Raum und unsere Hinweiskärtchen. Als wir die erste Geschicklichkeitsübung gemeistert haben, werden wir mit mehr Licht belohnt – und das Abenteuer beginnt!

Natürlich will ich an dieser Stelle nicht zu viel verraten. Schließlich ist es gerade der Reiz des Unbekannten der Humboldt zu einem solchen Abenteuer macht. Immer wieder ist Teamwork gefragt, um die teilweise wirklich anspruchsvollen Rätsel zu lösen. Haben wir eine Aufgabe gemeistert, etwas entdeckt oder getan, werden wir mit einem Code, einem Schlüssel oder einer weiteren Kammer belohnt, deren Zugang sich auf magische Art und Weise öffnet – und in dem wir uns sofort auf die Suche nach weiteren Hinweisen und Rätseln machen. Mehr als nur einmal müssen wir uns aufteilen, muss einer vorangehen in einen engen schwarzen Spalt oder Tunnel klettern, der sich hinter einer der Wände auftut. Die Walkie-Talkies helfen uns dabei in Kontakt zu bleiben.

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Die Zeit verrinnt wie Sand zwischen unseren Fingern. Noch fünf Minuten. Noch drei. Ich spüre, wie mein Atem immer schneller geht, wie mein Herz gegen meine Brust hämmert. Die Lösung kann nicht mehr weit sein! Als die Uhr auf dem Bildschirm die letzte Minute nach unten zählt, ziehen wir unsere letzte Hoffnung aus unserem Koffer: Ein kleines Knicklicht, das uns 15 Minuten mehr Zeit verschafft. Da Humboldt seine Spieler vor einige zeitintensive Herausforderungen stellt, ist er einer der wenigen Räume, bei dem eine Verlängerung der Spielzeit gegen einen Aufpreis von 5 Euro pro Person möglich ist. Jetzt muss alles schnell gehen!

Das Spiel zieht euch in seinen Bann – garantiert!

Das wirklich einnehmende an den unglaublich liebevoll und detailverliebt gestalteten Räumen ist: Ich nehme dieser künstlichen Umgebung ihre vorgetäuschte Echtheit tatsächlich ab. Ich vergesse, dass ich eigentlich in Lichtenberg bin. Dass ich in einem simplen Keller ein Spiel spiele. Ja, ich vergesse sogar für einen Moment, dass ich keine Schatzsucherin bin, deren einzige Aufgabe darin besteht, das Geheimnis von Humboldt zu lüften. Denn in diesem Moment bin ich es eben doch. Ich bin Indiana Jones bei einer seiner schwierigsten Missionen.

Letztendlich schaffen wir es, das Geheimnis von Humboldts Schatz in letzter Minute zu lösen – und die beeindruckende Abschlusssequenz zu erleben.

Mein Fazit

Selten habe ich ein Spiel gespielt, das mich so in seinen Bann gezogen hat. Das für mich in dieser einen Stunde so real war, als wäre ich tatsächlich in einer unterirdischen Kammer unter der Humboldt-Universität zu Berlin. Ich habe mich gefreut wie ein kleines Kind, wenn wir eines der Rätsel knacken konnten, war erdrückt von der stickigen Luft, als es auf Knien durch den nächsten engen Gang ging, habe gespürt, wie mein Herz aufgeregt gegen meine Brust hämmerte, als der dritte Zahlencode immer noch nicht der richtige war – und hätte selbst dann noch atemlos über die Effekte und Geschehnisse gestaunt, wenn mir in diesem Moment noch bewusst gewesen wäre, das es sich nur um ein Spiel handelt.

Worauf wartet ihr noch? Auf ins Abenteuer!

Eure Sarah


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Park in Progress

Urban Agriculture – Was in New York als neuer Trend gehandelt wird, ist in den Weiten Berlins schon längst Realität. Glaubt ihr nicht? Dann setzt sofort in die M8 Richtung Herzbergstraße. Denn Plattenbauten sind nicht das einzige, was in Lichtenberg aus dem Boden sprießt

Als „Park in Progress“ stellt ein Schild am Eingang das weitläufige Areal rund um das Evangelische Krankenhaus Königin Elisabeth Herzberge vor. Seit 2010 als Landschaftspark Herzberge mehr oder minder bekannt, erstreckt sich das Stück Wandel in Berlin über eine Fläche von gut 100 Hektar.

Dabei ist der Landschaftspark Herzberge kein Park im klassischen Sinn. Er ist vielmehr eine Mischung aus Brach- und Grün-, Erholungs- und Nutzflächen. Neben einem Teich, Schafweiden, den obligatorischen Bäumen und einer Streuobstwiese beherbergt er auch ein Krankenhaus und gar Wohnanlagen.

Herzberge Berlin - 01

Als Berlin sich im 19. Jahrhundert sprunghaft ausdehnte, wurde neben den umliegenden Gemeinden auch viel landwirtschaftliche Fläche Teil der Stadt – Urban Agriculture in ihrer frühesten Form. Seit einigen Jahren versucht man im Landschaftspark Herzberge eine solche urbane Landwirtschaft wieder aufleben zu lassen. Daher ist der Park, der sich immer noch in einem Entstehungsprozess befindet, gleichzeitig Erholungsort und landwirtschaftliche Nutzfläche. Schlendert man das gesamte Areal ab, wirkt der Park wie ein Flickenteppich – hinter jeder Gabelung verbirgt sich was Neues. Hier einige eingezäunte Wiesen für die Schafe, dort ein dichtes Wäldchen, im Süden eine weitläufige Fläche mit Obstbäumen. Zum Erholen lädt außerdem die Gartenanlage mit Springbrunnen des Evangelischen Krankenhauses ein (das nebenbei bemerkt überhaupt nicht wie eines aussieht). Wer außerdem schon einmal in Barcelona war, den wird die Mosaikbank am südlichsten Ende des Geländes unweigerlich an Gaudis Park Güell erinnern. Auch ein bisschen Kunst wird also geboten.

Yoga nicht unter, sondern mit dem Weidenbaum

Neben seiner vielseitigen Landschaft wartet der Park mit einem vielfältigen Programm auf: Kleine Besucher erwartet eine Quiz-Rallye, Entspannungsbegeisterte lädt ein Natur- und Gesundheitspfad zu 15 verschiedenen Yoga-artigen Übungen ein. Diese muten teilweise skurril an – so sollen wir beispielsweise bei einem ausladenden Weidenbaum unsere Aura stärken (Weide anschauen, Augen schließen, mit Weide verbinden, Arme schlangengleich auf und ab bewegen und auf gar keinen Fall das Atmen vergessen!). Aber wer ein bisschen Zeit und Neugierde mitbringt, wird bei den Stationen, egal ob er die Übungen befolgt oder nicht, vor allem eines finden: Ruhe. Denn im Gegensatz zum Volkspark Friedrichshain ist der Landschaftspark Herzberge keineswegs überlaufen.

Herzberge Berlin - 10

Das Einzige, das wir beim ausgiebigen Spaziergang durch den Landschaftspark beim besten Willen nicht ausfindig machen konnten, ist das so viel umworbene und groß angekündigte Pommersche Landschaf. Als natürlicher Rasenmäher sollte es über eingezäunte Grünflächen streifen und für Bauernhofatmosphäre sorgen. Aber auch ohne Schaf hat der Landschaftspark Herzberge es geschafft, mich von sich zu überzeugen. So werde ich ihn in die Liste meiner besonderen Orte in Berlin aufnehmen. Er ist vielleicht keines der Sightseeing-Highlights der Hauptstadt und nicht zu vergleichen mit einem Tiergarten in Mitte. Er bietet keine hippen Cafés, aber ein Fleckchen Ruhe inmitten der Großstadt. Und einen Besuch, der im Gedächtnis bleibt.